Was noch in den 1990er Jahren undenkbar war, ist mittlerweile Alltag: Ganze Bevölkerungsgruppen verlassen den Boden
der gemeinsamen Wirklichkeit, kehren etablierten politischen Narrativen zornig den Rücken oder bestreiten gar die Gültigkeit wissenschaftlichen Wissens. Der Aufstieg des Rechtspopulismus markiert
nach Dekaden der Konsenskultur eine erneute Politisierung der Gesellschaft.
Gängige Erklärungen für die Entstehung des Rechtspopulismus ziehen die Ereignisse der Fluchtmigration von 2015 oder
vorgebliche Persönlichkeitsdefizite seiner Anhänger als Ursachen heran. Cornelia Koppetsch dagegen sieht die Gründe in dem bislang unbewältigten Epochenbruch der Globalisierung. Wirtschaftliche,
politische oder kulturelle Grenzöffnungen werden als Kontrollverlust erlebt und wecken bisweilen ein unrealistisches Verlangen nach der Wiederherstellung der alten nationalgesellschaftlichen
Ordnung. Konservative Wirtschafts- und Kultureliten sowie Gruppen aus Mittel-und Unterschicht, die auf unterschiedliche Weise durch Globalisierung deklassiert werden, bilden dabei eine
klassenübergreifende Protestbewegung gegen die globale Öffnung der Gesellschaft.
Unbedingt Lesenswert!
Wir leben in aufgewühlten und aufwühlenden Zeiten, die Grundlagen unseres bisherigen Zusammenlebens sind bedroht:
Zeit, sich wieder einmal ein paar wichtige Fragen zu stellen.
Was bedeutet es eigentlich für jeden Einzelnen, wenn Lüge, Rücksichtslosigkeit und Niedertracht an die Macht drängen
oder sie schon errungen haben? Wenn so erfolgreich in der Öffentlichkeit gegen alle bekannten Regeln des Anstands verstoßen wird? Was heißt unter diesen Bedingungen genau: ein anständiges Leben
zu führen?
Axel Hackes Buch ist kein Pamphlet, denn Pamphlete gibt es genug; es ist vielmehr ein assoziatives Nachdenken über
das Zusammenleben der Menschen und die schon von Anton Tschechow gestellte Frage: »Warum leben wir nicht so, wie wir leben könnten?« Es ist ein Plädoyer dafür, die Antwort erst einmal nicht bei
anderen, sondern bei sich selbst zu suchen und dabei vielleicht am Ende ein wenig Demut, auch etwas Neugier auf andere zu entdecken. Denn vermutlich geht es in unserer komplizierten Welt
zuallererst nicht um die Lösung aller Probleme. Sondern es gilt, eben diese Tatsache mit Anstand zu ertragen und sich dabei mit der großen und immer neu zu stellenden Frage zu beschäftigen: Wie
wollen wir eigentlich miteinander umgehen?
Ein kleines Buch mit Grundlegenden Fragen an unsere Zeit. Sehr lesenswert!
Viele Jahre lang definierte sich Deutschland über seine Leistungen in Bildung und Kultur. Nicht zuletzt die
PISA-Studie hat jedoch gezeigt, dass dieses gesellschaftliche Fundament erodiert ist. Julian Nida-Rümelin analysiert Ursachen und Folgen dieser einschneidenden Veränderungen und zeigt Wege zu
einem erneuerten Humanismus in Bildung, Kunst und Kultur auf.
Julian Nida-Rümelin plädiert in seinem Buch für eine Erneuerung kultur- und bildungspolitischer Ideale. Er erinnert
an die Tatsache, dass der große Erfolg der Humboldtschen Reformen an den deutschen Universitäten sowie weltweit gerade darin bestand, dass die vom Mittelalter überkommene Ausbildungsorientierung
durch Bildungsorientierung ersetzt wurde. Er warnt vor einer allzu kurzsichtigen Bildungspolitik, die bloß auf die Verwertbarkeit des Wissens setzt, statt freie Persönlichkeit, Urteilskraft und
Entscheidungsstärke zu fördern. Aber auch die staatliche Kulturförderung – jahrzehntelang ein Vorzeigeschild der deutschen Gesellschaft – ist auf dem Rückzug. Bildung und Kultur sind jedoch die
wichtigsten Standbeine einer auch wirtschaftlich erfolgreichen modernen, liberalen Gesellschaft. Julian Nida-Rümelin fordert eine umfassende Erneuerung der humanistischen Substanz von Bildung und
Kultur.
Wer über Bildung spricht, kommt an Julian Nida-Rümelin nicht vorbei.